An einem Dienstagabend im März gegen viertel vor Acht treffen sich die Sängerinnen und Sänger des evangelischen Kirchenchors Bad Ragaz zur wöchentlichen Probe. Nicht etwa im Kirchgemeindehaus an der Maienfelderstrasse, sondern seit November 2020 jeder für sich am heimischen Computer. Da derzeit keiner weiss, wann der Chor wieder wie gewohnt die Gottesdienste mit seinen Stimmen bereichern kann, bleibt die Hoffnung, am Tag X parat zu sein. Und so werden im Vorfeld Noten und Audiodateien per Mail versendet, selbst ausgedruckt und dann pünktlich der Link zur Konferenz angeklickt.
Über die Vor- und Nachteile dieser Technik wurde unlängst vielerorts berichtet. Für den Ragazer evangelischen Kirchenchor überwiegen die Vorteile. Die Stimme wird trainiert, der Probenrhythmus wird aufrechterhalten, der Chor ist auch für spontane Änderungen durch den Bundesrat gewappnet und der gegenseitige Austausch findet ebenfalls ausreichend Platz. Gewöhnungsbedürftig ist lediglich, dass jeder und jede nur die eigene Stimme sowie Gesang und Klavierbegleitung der Dirigentin Tina Engewald hört. Diese führt durch die Probe wie eine Alleinunterhalterin, Rückmeldungen erhält sie lediglich durch Handzeichen der Einzelnen. Und so werden nach einer Aufwärmrunde Lieder für die kommenden Feiertage sowie für das Festjubiläum des evangelischen Kirchenchors Sargans eingeübt.
In dieser von Abstand geprägten Zeit rücken die Menschen anders zusammen. Mit der Investition in eine Videotelefonie-Software versucht der Chorvorstand, die Distanz-Proben so reibungslos und angenehm wie möglich zu gestalten. Das gemeinsame Singen verbindet den Chor Woche für Woche auf eine besondere Weise. Besondere Zeiten erfordern eben auch besondere Massnahmen. Nach einer guten Stunde neigt sich die Probe dem Ende zu. Alle schalten wieder ihre Mikrofone ein und tauschen sich noch etwas aus. Und die Meinung im Chor ist einhellig: Das Singen hat gutgetan!
Text: Susanne Giesler
Foto: Gottlieb Bachofner