Geschichte
Im Laufe des 19. Jahrhunderts siedelten sich vereinzelt Evangelische in unserer Gegend an. Nachdem 1840 Ragaz zum Kurort geworden war, nahm der Zuzug von Protestanten laufend zu, die vor allem im Gastgewerbe und in Handwerkerberufen tätig waren. Gottesdienste fanden in einer Hauskapelle im Hotel Hof alle vierzehn Tage statt, gehalten vom Pfarrer aus Jenins.
Am 8. März 1863 wurde die Kirchgemeinde gegründet und der erste gewählte Pfarrer eingestellt. Einige Jahre später zog Bernhard Simon, der Gründer des Kurortes, nach Ragaz und liess einen Betsaal für den deutsch- und englischsprachigen Gottesdienst einrichten. Bald setzte sich die junge Kirchgemeinde zum Ziel, eine eigene Kirche zu errichten. Sie beauftragte den bekannten Berliner Architekten Johann Vollmer mit der Planung des Neubaus. Am 19. Oktober 1890 konnte die Kirche unter der Bauleitung von Architekt Ferdinand Wachter vollendet und festlich eingeweiht werden.
Vorhalle
In der Vorhalle ist der Zugang zur Orgelempore. Beidseitig der Türe zur Kirche befinden sich Holzskulpturen, welche Symbole der vier Evangelisten darstellen: Engel für Matthäus, Löwe für Markus, Stier für Lukas und Adler für Johannes.
Kirchenschiff
Das Innere der Kirche erhält durch die giebelförmig aufsteigende Holzdecke mit sichtbarer Konstruktion und reicher Farbendekoration eine starke Wirkung. Die Wände sind oberhalb der ringsum geführten Holzvertäfelung mit einer schlichten Bordüre dekoriert. Im Chor steht vor einer hölzernen Altarrückwand ein Abendmahlstisch aus gelbem Solothurner Stein. Rechts vor dem Chor steht die Kanzel mit polygonalem Korb auf einem Fuss aus gelbem und rotem Marmor. Die Orgelempore aus Holz ist wie die Decke dunkel lasiert und farbig gefasst. 2016 wurde die ursprüngliche Orgel durch ein neues Werk ersetzt. Der eher dunkle Raum der Kirche lädt zur Besinnung, zum Stillewerden ein.
Glasfenster
Besonders beeindruckend sind die farbigen Fenster: Das grosse Rundfenster, welches die Rückwand des Chores ziert, enthält eine Darstellung der Verklärung Jesu auf dem Berg Tabor (Matthäus 17, 1-9). Links von Jesus sitzt Moses mit Gesetzestafeln. In Bildern wurde er früher oft mit Hörnern dargestellt, weil sein Namenszusatz «der Erleuchtete» in der lateinischen Bibelübersetzung mit «der Gehörnte» übersetzt wurde. Rechts sitzt der Prophet Elia, der als Mittler zwischen Gott und den Menschen Gottes Botschaften überbringt. Zu Füssen von Jesu sind die Jünger Petrus, Jakobus und Johannes.
Die je vier Seitenfenster enthalten leichten farbenreichen ornamentalen Schmuck; im oberen, dunkler gehaltenen Kreis sind Sprüche der Heiligen Schrift und Liedanfänge aus dem Gesangbuch zu lesen. Auf der Kanzelseite von vorn nach hinten: Eine feste Burg ist unser Gott; Wir glauben all an einen Gott; Der Herr ist mein Hirte; Befiehl dem Herrn deine Wege. Auf der anderen Seite: Dein Wille geschehe; Es werde Licht; Gott ist mein Licht; Friede sei mit euch.
Glocken
Das Geläute besteht aus vier Glocken. Nach altem Brauch zieren Figuren und Sprüche der Heiligen Schrift die Glocken. Sie sind gestimmt auf Cis, Fis, Gis und Ais.
Goll-Orgel
Die Orgel der evangelischen Kirche Bad Ragaz wurde im Jahr 2016 von Orgelbau Goll AG erbaut. Sie hat 26 Register, verteilt auf Hauptwerk, Schwellwerk und Pedal; die Spiel- und Registertraktur ist rein mechanisch.